Meisterin im Planen
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Amateurin im Tun
Es gibt Menschen, die stehen morgens auf, trinken einen Kaffee und erledigen einfach, was auf ihrer Liste steht. Ich hingegen stehe morgens auf, mache mir erstmal eine neue Liste. Vielleicht auch zwei. Eine für den Tag und eine für „irgendwann, wenn ich mal erwachsen bin“.
Mein Problem ist nicht die Motivation. Mein Problem ist die Liebe zum Planen. Es fühlt sich an wie ein kreativer Rausch: Stifte in Regenbogenfarben, ein frisches Notizbuch, vielleicht noch ein inspirierendes Pinterest-Board dazu. Schon bin ich für Stunden beschäftigt – ohne dass auch nur eine einzige Sache davon irgendwann im echten Leben auftaucht.
Die Magie des Anfangs
Planen ist für mich wie frisch verliebt sein: alles glitzert, alles ist möglich, alles liegt vor mir. Ein Plan ist ein perfektes Universum, das noch nicht von der Realität zerstört wurde. Niemand hat den Termin abgesagt, keine Waschmaschine ist kaputtgegangen, kein Kind hat plötzlich Fieber. Auf Papier bin ich die souveräne Herrscherin meiner To-dos.
Aber dann kommt dieser unschöne zweite Teil: das Tun. Plötzlich wird aus dem strahlenden Masterplan ein Haufen Kleinkram. Aus „neues Business aufbauen“ wird „Steuernummer beantragen“. Aus „Wohnung entrümpeln“ wird „zehn Jahre alte Bedienungsanleitungen durchblättern und sentimental werden“. Die Romantik ist dahin.
Prokrastination mit Stil
Manche nennen es Aufschieberitis. Ich nenne es „Feintuning der Strategie“. Denn wer sagt denn, dass man nicht noch ein bisschen am perfekten Ablaufplan schrauben darf, bevor man loslegt?
Es gibt eine Stelle in meinem Kopf, an der Ideen wie Papierflieger stapelweise in den Himmel geschossen werden. Manche stürzen nach drei Sekunden ab, andere kreisen ewig über mir. Aber landen – das tun die wenigsten. Und wenn, dann meistens in einer staubigen Ecke, in der schon andere Projekte liegen: halb zugeschnittene Stoffe, unfertige Blogartikel, Fitnesspläne mit Ablaufdatum.
Der unsichtbare Feind: Die Realität
Die Realität hat die unangenehme Angewohnheit, jeden Plan zu ruinieren. Sie ist unberechenbar, laut und meistens schlecht gelaunt. Sie erinnert mich ständig daran, dass ein Kalenderblatt eben keine Superkraft ist.
Während mein Plan sagt: „Heute fängst du endlich mit dem neuen Schnittmuster an“, sagt die Realität: „Heute ist das Kind krank.“
Während mein Plan sagt: „Diese Woche gehst du dreimal joggen“, sagt die Realität: „Herzlichen Glückwunsch, du hast Schnupfen.“
Und während mein Plan sagt: „Im Herbst starte ich mein eigenes Label“, sagt die Realität entweder: „Viel Spaß beim Durchforsten von Formularen, Paragrafen und amtlichen Öffnungszeiten.“ – oder: „Schon mal ausgerechnet, wie viele Stoffe du kaufen musst, bevor überhaupt jemand etwas bestellt?“
Was Pläne wirklich können
So sehr ich mich über meine Unfähigkeit zum Umsetzen ärgere, so sehr haben Pläne auch ihre gute Seite. Sie sind wie Landkarten für eine Reise, die vielleicht nie stattfindet – aber die Vorstellung davon wärmt mein Herz trotzdem.
Manchmal reicht schon der Plan selbst, um ein bisschen Struktur ins Chaos zu bringen. Selbst wenn ich am Ende nicht alle To-dos abhake, habe ich wenigstens eine Spur gelegt. Und manchmal passiert es sogar, dass ich – völlig überraschend – ins Machen rutsche. Meistens dann, wenn ich gar nicht so sehr darüber nachdenke.
Kleine Schritte, große Wirkung
Vielleicht ist das die Lösung: weniger Masterpläne, mehr Mini-Schritte. Statt „Wohnung entrümpeln“ einfach mal eine Schublade. Statt „neues Business aufbauen“ einfach mal die Domain kaufen. Statt „gesünder leben“ einfach mal einen Apfel essen.
Denn am Ende gilt: Jeder noch so kleine Schritt ist mehr wert als der perfekteste Plan. Und manchmal reicht es schon, wenn man die Papierflieger nicht alle gleichzeitig starten will – sondern einfach mal einen nach dem anderen.
💬 Und du?
Schmiedest du auch leidenschaftlich gerne Pläne oder gehörst du zu den seltenen Wesen, die Dinge tatsächlich sofort umsetzen? Schreib mir eine Nachricht – ich plane schon mal, sie zu lesen.