Ich bin nicht komisch. Ich bin nur limitiert kompatibel.
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Ich wollte diesen Beitrag ursprünglich mit einer netten kleinen Anekdote beginnen.
So eine Szene, in der ich mit fünf Jahren auf dem Spielplatz allein im Sand sitze, während alle anderen Fangen spielen – mit dem Satz: „Da wusste ich: Ich bin anders.“
Aber genau so war es eben nicht. Ich war nicht das Außenseiterkind. Ich hatte Freunde, konnte lachen, mitspielen, dazugehören. Ich passte schon ins Bild – aber nie so ganz ins Farbschema.
Und während alle scheinbar mühelos durchs Leben tanzten, stand ich oft daneben und dachte: Cooler Rhythmus – wo ist mein Taktstock?
Und so ist dieser Beitrag nicht Teil 7 meiner “was ich kann”-Reihe geworden, sondern die Erkenntnis, dass Anderssein gar kein eigener Teil ist - sondern der unsichtbare Kleber, der alles zusammenhält.
Planlos ambitioniert
Ich habe mich in den letzten Wochen gefragt, was ich eigentlich kann – nicht beruflich, sondern existenziell: Was bleibt übrig, wenn keiner was von mir will, aber ich trotzdem weitermache?
Nicht auf dem Papier, sondern im echten Leben – also da, wo man keinen Lebenslauf schicken kann, aber trotzdem klarkommen muss. Und was soll ich sagen: Ich habe einiges über mich gelernt – nicht alles angenehm, aber alles irgendwie nützlich.
Hier nochmal in Kurzfassung:
Kopfkino in Dauerschleife.
Ich bin nicht im klassischen „Ich male mal eben was Wunderschönes“-Sinne kreativ. Ich singe nicht, ich tanze nicht, ich spiele kein Instrument – außer vielleicht das Gedankenkarussell auf Anschlag.
Meine Kreativität spielt sich im Kopf ab: in Ideen, Konzepten, Sprachbildern, Lösungen. Und die besten Ideen kommen selten im Büro und fast nie bei Tageslicht – eher zwischen Zahnpasta und Bettkante oder irgendwo zwischen „eigentlich wollte ich nur kurz…“.
Struktur hilft, aber nur, wenn sie locker sitzt. Zu enge Vorgaben machen mein Gehirn nervös.
Ich brauche Chaos, um Klarheit zu finden. Und ein bisschen Unvernunft, damit’s interessant bleibt.
Ordnung ist das halbe Leben.
Ich war nie das Kind mit dem perfekt aufgeräumten Zimmer. Eher die, die beim Versuch aufzuräumen plötzlich Fotos sortiert, dann Erinnerungen durchlebt – und am Ende emotional erschöpft in einem Stapel halb geöffneter Kisten sitzt.
Ich finde Ordnung beruhigend, solange sie mir nicht das Gefühl gibt, versagt zu haben, wenn nicht das Innenleben aller Schubladen perfekt strukturiert ist.
Ordnung ist auch für mich das halbe Leben – ich lebe allerdings oft in der anderen Hälfte.
Aber: Gib mir eine Stunde, einen Timer und einen Grund – und ich kann ein explodiertes Wohnzimmer in ein erstaunlich friedliches System aus Körben, Kisten und Restzweifeln verwandeln.
Ich glaube nicht an Zeit.
Ich war früher grundsätzlich zu spät. Immer und überall. Nicht aus Gleichgültigkeit – ich wollte pünktlich sein, ich wusste, dass es wichtig ist, aber es war mir schlicht unmöglich. Als würden mein Körper und meine Uhr in verschiedenen Zeitzonen leben.
Heute klappt es besser, aber ich bin immer noch häufig überrascht, dass Dinge wirklich jetzt stattfinden und nicht nur in meinem Kalender existieren.
Und ich habe gelernt: Die Zeit ist nicht mein Feind. Aber sie wird auch nie meine beste Freundin sein. Wir teilen uns den Alltag, aber wir reden wenig miteinander.
Geld spielt keine Rolle.
Ich hatte nie wirklich zu wenig Geld, aber mein innerer Kontostand war trotzdem oft: "Achtung, alles könnte jederzeit zusammenbrechen."
Ich bezahle große Rechnungen mit beeindruckender Gefasstheit – aber zögere an der Supermarktkasse, ob ich wirklich zwei Sorten Käse kaufen kann.
Geld macht mich weder glücklich noch unglücklich - es macht mich nervös.
So gesund war ich noch nie krank.
Mein Körper hat lange versucht, mich mit Nachdruck auf Dinge aufmerksam zu machen: Zuerst mit einem stillen Protestmarsch, dann ist er irgendwann mit Megafon durch mein Nervensystem gezogen. Deshalb war ich früher oft wütend auf ihn. Ich dachte er lässt mich im Stich.
Heute weiß ich: Mein Körper hat eigentlich immer nur versucht, mir die Wahrheit zu sagen – ich hab bloß nicht zugehört. Das ist heute anders. Ich höre besser hin. Nicht immer. Aber immerhin.
Fühlen ohne Filter.
Ich bin nicht überempfindlich. Aber ich bin überaus empfänglich. Für Stimmungen. Für Zwischentöne. Für alles, was andere Leute anscheinend gar nicht bemerken.
Ich kann dir in einem Raum mit zehn Menschen sagen, wer traurig ist, wer lügt und wer so tut, als wäre er nicht nervös – und bin danach erstmal drei Tage müde.
Was ich über Gefühle gelernt habe: Sie sind nicht das Problem. Das Problem ist, dass ich dachte, man müsste sie wegpacken wie ein unpassendes Geschenk – oder sie durch die Logik-Maschine schieben, bis sie brav und erklärbar sind.
Aber Gefühle lassen sich nicht falten. Und schon gar nicht formatieren. Ich muss sie aber auch nicht therapieren, analysieren oder originell benennen. Denn inzwischen weiß ich, es ist okay, dass sie da sind und sie gehen auch wieder weg.
Ich bin kein Bug – ich bin ein Feature mit Sonderfunktion.
Zusammenfassend lässt sich also sagen: Ich bin kreativ und chaotisch in jeder Dimension, glaube nicht an Zeit, aber an Timing – und fühle einfach zu viel. Ich bezahle große Rechnungen mit stoischer Gelassenheit, aber überlege dreimal, ob ich wirklich 4,80 € für ein Brot ausgeben kann.
Ich achte auf meine Gesundheit, seit ich verstanden habe, dass mein Körper schon ziemlich lange versucht, mir etwas mitzuteilen – nicht mit freundlichen Erinnerungen, sondern mit Schmerzen, die irgendwann vom Flüstern ins Brüllen übergegangen sind.
Mein Ordnungssinn ist feinfühlig, aber tagesformabhängig. Und mein Innenleben ist wie ein Wasserkocher mit Wackelkontakt: manchmal brodelt’s, manchmal tut sich gar nichts – aber irgendwas summt immer im Hintergrund.
Vom Gedankenkarussell zur Probefahrt
Und trotzdem (oder gerade deshalb?) bringe ich erstaunlich viel zustande. Nicht unbedingt geordnet. Und selten mit Ansage. Aber ich habe es geschafft, etwas aus mir heraus und in die Welt zu bringen. Ich habe einfach angefangen. Ohne Plan, aber mit ziemlich viel Kopfkino. Und vielleicht scheitere ich damit. Aber lieber falle ich hin, während ich etwas versuche, als dass ich ewig im Wartezimmer meiner eigenen Ideen sitzen bleibe.
Wenn ich all das zusammennehme – die Gedanken, die Gefühle, die Routinen (und das ständige Scheitern daran) –, dann ergibt sich langsam ein Bild. Zugegeben: ein leicht verwackeltes Polaroid mit Eselsohren. Aber es zeigt mich. Und ich mag, was ich sehe.
Staffelfinale
Vielleicht ist das der Moment, an dem es nicht mehr nur darum geht, was ich kann – sondern was ich damit anfangen will. Nachdem ich jetzt ungefähr weiß, was ich kann (und was nicht), möchte ich nun nämlich herausfinden, was mein Herz hüpfen lässt, ohne dass meine To-do-Liste dabei Schnappatmung bekommt. Was mich nährt, statt nur zu beschäftigen. Was bleibt, wenn niemand etwas von mir will – aber ich trotzdem gern morgens aufstehe.
Vielleicht ergibt sich daraus irgendwann ein Geschäftsmodell. Vielleicht auch nicht.
Aber ich will lieber etwas aufbauen, das zu mir passt – als in ein System zu passen, das nie für jemanden wie mich gedacht war, aber erwartet, dass ich trotzdem funktioniere.
🎬 Das war Staffel 1 von „sinnvolldaneben“ – sechs Folgen über mein Innenleben in all seinen chaotisch-kreativen, ordnungssuchenden, zeitleugnenden, gefühlsgesättigten, rückenschmerzgeplagten und geldverunsicherten Facetten.
Ob man das binge-worthy nennt, sei mal dahingestellt. Aber es war ehrlich. Und wichtig. Für mich – und vielleicht auch für dich.
Begleitest du mich auf dem nächsten Teil meiner Gedankenreise?
🧩 Dieser Text ist das Staffelfinale meiner Serie “was ich kann”. Nächste Woche startet Staffel 2 - mit derselben Besetzung, aber neuen Handlungssträngen und der Hoffnung, dass wenigstens der Weg das Ziel war, falls ich am Ende in einer Sackgasse lande